Blockflöte

Die Blockflöte (B.), auch Schnabel- bzw. Kernspaltflöte genannt (ital. flauto diritto, flauto dolce; frz. flûte douce, flûte à bec; engl. recorder), galt im 16. bis 18. Jh. als die Flöte schlechthin. Sie ist die wichtigste Art der Längsflöten. Ihren Namen verdankt sie dem Verschlußkern, einem hölzernen Block (Kern) im Kopf, neben dem nur eine enge Spalte (Kernspalte) frei bleibt. Durch diese wird der Atem des Bläsers gegen die Kante eines Aufschnitts (Fenster) geführt, wobei der Ton nur unwesentlich beeinflußt werden kann; er ist verhalten, zart und still. Die bei weiter Mensur fast zylindrische, bei enger Mensur konische Spielröhre (Birne, Ahorn oder Edelhölzer) hat in der Regel sieben vorderständige Grifflöcher und ein Daumenloch.

Frühformen der B. (Knochenflöte) konnten durch Funde in England und Nordeuropa bereits in der Steinzeit nachgeweisen werden. In Zeichnungen taucht die B. in Europa zuerst im 11. Jh. in Frankreich auf. In der 2. Hälfte des 15. Jh. wurde das doppelte unterste Griffloch eingeführt, so dass je nachdem, welche Hand unten spielte, eines mit Wachs zu verschließen war. Zum vollständigen Stimmwerk wurde die B. bei Praetorius (1619) ausgebaut mit Klein Flötlein in g2, Diskantflöte in d2 und c2, Altflöte in g1, Tenorflöte in c1, Bassettflöte in f, Baßflöte in B, Großbaßflöte in F. Im 17. Jh. wurde das Doppelloch durch das Einzelloch erstetzt, das sich seitdem bei den größeren Instrumenten im drehbaren Fuß befindet. In England existierten im 17. Jh. Baßflöten (bis 2,50m Länge), die mit Pedalen zu bedienende Klappen hatten.

Die Barockflöte dieser Zeit unterscheidet sich vom frühen Instrument durch die äußere Form, die jetzt mehrfach ausgebuchtet und mit Ringen verziert ist, und durch die engere Mensur, meist mit breiterem Labium. Der Ton wird dadurch obertonreicher, der Umfang größer (zwei Oktaven und mehr, gegenüber 13-14 Tönen bei Praetorius). Als späte Höhepunkte gelten die Werke von Vivaldi, Telemann, Händel und J. S. Bach.

Die Blockflöte als typisches Instrument des Barocks

In der Musik des Barocks löste sich die Instrumental- von der Vokalmusik. Neben einer höheren Anforderung an die Virtuosität eines Instruments machte dies auch ein anderes Klangspektrum erforderlich. Der Klang eines Instruments hatte sich deutlicher von dem Klang des menschlichen Gesangs zu unterscheiden. Bei der Blockflöte wurde dies durch eine andere Bauweise erzielt. Der Körper der Blockflöte wurde aus drei Teilen zusammengesetzt; das Rohr wurde umgekehrt konisch gebohrt (unten enger als oben) und die Grifflöcher enger aneinander gesetzt. Seit dem 16. Jahrhundert war bei den Instrumenten darüberhinaus das Daumenloch auf der Rückseite üblich. Der Ton der Blockflöte wurde damit klarer, heller und obertonreicher.

Unüblich wurde es dagegen, das unterste der Grifflöcher, das Kleinfingerloch, doppelt anzulegen. Da der unterste Teil der Flöte nun beweglich war, konnte der Musiker dieses Teil in eine für ihn bequeme Stellung drehen.

Die Komponisten des Barocks schrieben Musik für Blockflöten in unterschiedlichen Besetzungen. Dabei tritt vor allem die Altblockflöte, in geringerem Maße Sopran- und Sopraninoblockflöte, auch als Soloinstrument in Sonaten und teilweise in Konzerten (beispielsweise in den Brandenburgischen Konzerten Nr. 2 und 4 J. S. Bachs) hervor.

An der Schwelle von der Rennaisance zum Barock verwendete Claudio Monteverdi in der Orchestrierung seiner Oper L’Orfeo neben Trompeten, Posaunen, Streich- und Saiteninstrumente auch Blockflöten.

Ebenso im Frühbarock entstand das erste und bis heute umfangreichste Solo-Werk für Blockflöte, der "Fluyten Lust-hof" (Druckausgabe in drei Bänden ab 1648 bis 1654) des blinden Flötisten Jacob van Eyck aus Utrecht. Das ist eine sehr umfangreiche Sammlung der damals beliebten Tänze, Lieder und Choräle mit jeweils einigen Variationen (sog. "Modi"), die in aufsteigender Reihenfolge immer virtuoser und verspielter werden. Jacob van Eyck verwendete vermutlich eine fast zylindrisch gebohrte, einteilige Blockflöte in c´´, die also noch dem Typus der Blockflöte in der Renaissance entsprach (abgebildet in Band I des Fluyten Lust-hof (erste kommentierte Gesamtausgabe mit Faksimile-Seiten bei Amadeus 1984)).
Antonio Vivaldi gehörte zu den Barockkomponisten, die Werke für die Blockflöte schrieben
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Antonio Vivaldi gehörte zu den Barockkomponisten, die Werke für die Blockflöte schrieben

Vivaldi schrieb u.a. mindestens drei Konzerte für den "flautino", die Sopraninoblockflöte (umstritten ist, welchen Grundton (f´´ oder d´´) das zu verwendende Instrument hatte); er schrieb darüber hinaus mehrere hochvirtuose Konzerte für Altblockflöte in f' oder g' und Streicher.

In England war es unter anderem Henry Purcell, der in seiner Musik Blockflöten verwendete. Später war es dann Georg Friedrich Händel, der in seiner langen Schaffensperiode in London eine Vielzahl von Sonaten für Blockflöte und basso continuo hinterließ (z.B. "The Fitzwilliam Sonatas"), gleichsam als Nebenprodukt seines Wirkens als Komponist großer Suiten, Opern und Oratorien, denn viele der dort verwendeten Themen und Motive tauchen in dieser Kammermusik wieder auf. Für England kann gesagt werden, dass dort im Barock die Blockflöte das Melodieinstrument für den Amateurmusiker war. So entstanden auch viele Transkriptionen berühmter Kompositionen für Blockflöte wie z.B. der Follia-Variationen von Arcangelo Corelli.

Weitere Komponisten der Barockzeit, von denen Musik für Blockflöte überliefert ist, sind unter anderem Jacques Hotteterre, Monsieur Naudot, die beiden gleichnamigen Vettern Jean-Baptiste Loeillet, und unter den italienischen Zeitgenossen Vivaldis beispielsweise Benedetto Marcello, Giuseppe Sammartini und Francesco Mancini. Unter den deutschen Komponisten hat, neben Johann Sebastian Bach, der Hamburger Johann Mattheson herausragende Werke für Blockflöte hinterlassen.

Im Spätbarock koexistierte die Blockflöte lange mit der aufkommenden Traversflöte. Ein besonders eindrucksvolles Beispiel ist Georg Philipp Telemanns Konzert in e-Moll für Blockflöte, Querflöte, und Streichorchester.


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